Senkrechtstarter

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Herzlich Willkommen zu SENKRECHTSTARTER, Dein YouTube-Channel für alles über Raumfahrt. Ich bin Mo und heute geht es um das legendäre RS25. Viel Spaß!

Da wir uns hoffentlich mit großen Schritten dem ersten Flug des SLS nähern, der Rakete, die das Rückgrat des amerikanischen Mond-Programms bilden soll, wird es höchste Zeit, dass wir uns sein Haupttriebwerk, das RS25, genauer ansehen. Der erste Start des SLS, dem sogenannten Space Launch System, soll ja nach extremen Verzögerungen und Budgetüberschreitungen endlich 2022 stattfinden. Ich hatte ja schon in den News am Wochenende berichtet, dass einer der Triebwerkscontroller getauscht werden muss. Witzigerweise genau eines der Bauteile die extra für das SLS im vergleich zum Space Shuttle am Triebwerk modernisiert wurde. Und sein wir ehrlich, wirklich legendär ist das RS25 als Haupttriebwerke des Space Shuttles.

Wir schauen uns heute an, wie das RS25 funktioniert. Warum es noch heute als eines der besten Triebwerke aller Zeiten gilt, und wo es im Vergleich selbst das Raptor von SpaceX in den Schatten stellt und was am Triebwerk gegenüber seinem Einsatz am Space Shuttle geändert wurde. Wie immer bei mir, findest du Quellen unter dem Video in den eckigen Klammern, die ich dir einblende, wenn du weiter in das Thema einsteigen möchtest.

Wenn dir das Thema heute gefällt, lass dem Video gern einen Like da und wenn du neu auf SENKRECHTSTARTER bist und keine Folge über Weltraumtechnik verpassen möchtest, abonnier doch unbedingt meinen Channel, denn hier gibt es ja jeden Montag eine neue Folge von Senkrechtstarter. Und Sonntags immer meine Raumfahrt-NEWS. Außerdem Specials wie LIVE Streams, Experten-TALKs und BEST-offs von wichtigen Ereignissen. Die Zukunft der Raumfahrt wird unglaublich und wir können live dabei sein.

Aber zum Thema der heutigen Episode: Ein Video, das ich schon so lange machen möchte, wie SENKRECHTSTARTER alt ist: ein Video über das RS25. Für die meisten besser bekannt als SSME, kurz für Space Shuttle Main Engine. Wenn ich ein Video über die bedeutendsten Triebwerke aller Zeiten machen würde: Das RS25 von Aerojet Rocketdyne wäre definitiv darunter: gestufte Verbrennung, Brennkammer-Drücke, die einem schwindelig werden lassen und eines der effizientesten und gleichzeitig schubstärksten Triebwerke aller Zeiten! Dazu ist es auch noch krass zuverlässig. Du merkst, ich bin ein Fan des RS25, deshalb sage ich mal ganz laut nichts zu den Kosten dieses Technikwunders.

Aber zum Thema der heutigen Episode: Das Space Shuttle! Wie du sicher weißt, verwendete das Space Shuttle eine Gruppe von drei RS-25-Triebwerken, die in der Heck-Struktur des Orbiters montiert waren. Ja, Orbiter. Das war eigentlich der Name des Shuttles während das Gesamtsystem aus Orbiter Tank und Boostern „Space Shuttle“ genannt wurde. Bzw. Space Transport System oder kurz STS. Aber scheiß auf diese Spitzfindigkeit. Es wird jeder an ein weißes Weltraumflugzeug mit schwarzer Unterseite denken, wenn du vom Space Shuttle sprichst.

Aber zum Thema der heutigen Episode: Nun, der Orbiter hatte also die Triebwerke. Der Treibstoff für diese kam aber aus dem orangen externen Tank. Die Triebwerke dienten während des gesamten Aufstiegs des Shuttles als Antrieb. Da die aber nicht genug Leistung haben, um Orbiter und Tank vom Start Pad wegzudrücken, gabs ja noch zwei Feststoffbooster, die ca. 80% des Gesamtstartschubes geliefert haben.

Aber zum Thema der heutigen Episode: Nach der Landung des Space Shuttles, wurden die RS-25-Triebwerke aus dem Orbiter ausgebaut, inspiziert und überholt, bevor sie bei einer anderen Mission wieder eingesetzt wurden. Bei Flügen mit dem SLS, die nächste und vermutlich die letzte NASA-Rakete, die ja jetzt voll auf kommerzielle Verträge wechselt, werden die Triebwerke als Verschleißteile verwendet. Für die ersten vier Flüge des SLS werden sogar tatsächlich Triebwerke verwendet, die noch aus dem Space Shuttle Programm stammen und mit dem Space Shuttle mehrfach in den Orbit geflogen sind.

Aber kurz noch zum Shuttle. Ich bin mit dieser unglaublichen Maschine aufgewachsen. Ich verbinde eine Menge mit dem Space Shuttle und würde es auch immer als Ingenieurs-Meisterleistung verteidigen. Aber wenn wir ehrlich sind, hat es eigentlich keines seiner Entwicklungsziele erreicht: Ursprünglich wurde es als schnell wiederverwendbar geplant. Der kürzeste Abstand zwischen zwei Starts erreichte Space Shuttle Atlantis 1985 nach 54 Tagen. Der Durchschnitt für die Zeit zwischen Shuttle Starts war über 80 Tage. Ursprünglich geplant waren 2 Wochen zwischen den Starts. Fairerweise muss man sagen, dass SpaceX mit den Falcon 9 Boostern auch nicht viel schneller ist. der Durchschnitt dürfte auch deutlich bei über 80 Tagen ligen. Der schnellste “Turnaround” für einen SpaceX booster liegt aktuell bei 27 Tagen.

Aber kurz noch zum Shuttle. Ich bin mit dieser unglaublichen Maschine aufgewachsen. Ich verbinde eine Menge mit dem Space Shuttle und würde es auch immer als Ingenieurs-Meisterleistung verteidigen. Aber wenn wir ehrlich sind, hat es eigentlich keines seiner Entwicklungsziele erreicht: Aber zurück zum Space Shuttle und den Zielen die es verfehlte. Nach dem extrem teuren Apollo Programm wollte man eigentlich einen günstigeren Weg in den Orbit etablieren. Das wurde komplett verfehlt. Ursprünglich wurden Payload Preise von 250 $/kg angestrebt. Im Endeffekt lagen die Kosten wohl eher bei 60.000 $ pro kg Nutzlast.

Der ehemalige Nasa Direktor Michael D. Griffin sagte 2007: Hätte man das Saturn Programm fortgesetzt, wäre die NASA heute auf dem Mars und hätte jahrzehntelange Erfahrung in der Erforschung und Nutzung des Mondes.

Der ehemalige Nasa Direktor Michael D. Griffin sagte 2007: Für die Europäer war das Shuttle ein Segen. Da der gesamte westliche Start Markt auf günstige Shuttle Flüge gesetzt hatte - die aber nie kamen, konnten sich die Ariane 4 und später die Ariane 5 relativ einfach als kostengünstige und verlässliche Alternative etablieren. Diesen Gefallen wird der aktuelle Start Markt der Arian 6 nicht mehr tun. Hab ich hier ja auch schon thematisiert.

Aber zurück zum Space Shuttle: Sicher und verlässlich sollte das Space Shuttle sein. Am Ende sind durch das Space Shuttle 14 Menschen umgekommen. Kein anderes Raumfahrt System ist auch nur ansatzweise für den Tod so vieler Raumfahrer verantwortlich. Auch wenn gerade das Challenger-Unglück auf so vielen Ebenen vermeidbar gewesen wäre, wurde die Sicherheit des Shuttles letztendlich massiv überschätzt.

Aber um den Bogen zum RS25 zu schlagen: Keines der Unglücke, weder die mit der Challenger noch die mit der Columbia, sind auf die Haupt-Triebwerke des Shuttles das RS25 zurückzuführen. Was nicht bedeutet, dass es keine Probleme mit den Haupttriebwerken gab: Bei allen 135 Shuttle Starts gab es aber letztendlich nur einen Triebwerksausfall. Das war der Flug STS-51-F im Jahre 1985. Der Ausfall von Temperatur-Sensoren des zentralen RS25 Triebwerks führte zur Abschaltung des Triebwerks. Als Konsequenz kam es zum einzigen Startabbruch im Space Shuttle Programm. Statt direkt zur Erde zurück zu kehren, wurde der sogenannte Abort to Orbit durchgeführt. Also der Abbruch mit Weiterflug in einen niedrigen Erdorbit. Zwar konnte so der Zielorbit nicht erreicht werden, die Mission konnte dennoch erfolgreich beendet werden.

Aber um den Bogen zum RS25 zu schlagen: Insgesamt gab es bei 135 Space Shuttle Flügen 405 Triebwerks-Einsätzen, denn es wurden ja immer 3 RS25 eingesetzt. Mit STS-51-f gab es dann nur diesen einen komplett Triebwerksausfall im Flug. Damit kommt das RS25 auf eine Zuverlässigkeit von 99,95 %. Keinen Ausfall, aber eine beinahe Katastrophe gab es bei STS 93 im Jahre 1999. Hat Scott Manley ein gutes Video zu gemacht.

Aber um den Bogen zum RS25 zu schlagen: Im gesamten Shuttle Programm wurden von Aerojet Rocketdyne 74 Entwicklungsprototypen und 83 Flugtriebwerke gebaut. Die Triebwerke wurden über die Dauer des Shuttle-Programms weiterentwickelt und der aktuellste Typ ist der Block II.

Aber um den Bogen zum RS25 zu schlagen: Mit 135 Space Shuttle Missionen, den Untersuchungen nach jedem Flug, fast 3.000 Bodentests und über 1 Million Sekunden Gesamt-Brennzeit, ist das RS25 definitiv ein sehr gut untersuchtes, und bis ins kleinste Detail verstandenes Raketentriebwerk.

Apropos Brennzeit: Das SSME (Space Shuttle Main Engine) brennt ja vom Start bis in den Orbit und damit über 500 Sekunden lang. Zum Vergleich: das Erststufen Merlin brennt an der Falcon 9 und Falcon Heavy etwa 165 Sekunden plus Landefeuerungen. Das Zweitstufen MVac knapp 400 Sekunden. Also 8,5 Minuten beim Space Shuttle gegen knapp 3 bzw. etwa 6,5 Minuten beim Merlin von SpaceX.

Apropos Brennzeit: Aber das Merlin von SpaceX ist eine gute Überleitung. Bei allen Erfolgen von SpaceX vergisst man leicht, dass das RS25 das erste wiederverwendbare Raketentriebwerk ist. Und das mehr als 30 Jahre bevor das SpaceX mit dem Merlin gelang.

Und das bringt uns zu einem der traurigsten und zu Recht oft am SLS kritisierten Punkten. Genau: große orangene Rakete der NASA. Gebaut noch nach dem alten Lobbyistensystem, wo dann in ganz vielen Bundesstaaten jemand von der NASA-Kohle profitieren soll. Gedacht, damit alle Beteiligten am Shuttle Programm auch schön weiter Geld bekommen. Fairerweise muss man sagen, dass bisher Raumfahrt immer so funktioniert hat und plötzlich alle aus den Wolken fallen, dass Firmen das auch viel günstiger und effizienter machen können *hust* SpaceX , *hust* RocketLab, vielleicht Astra *hust*. Wie hat es Bülent Altan in meinem Interview hier auf SENKRECHTSTARTER gesagt: Institutionell entwickelte Raketen haben in einem kommerzialisierten New Space ihre Daseinsberechtigung verloren. Und aktuell sieht es ja wirklich so aus, dass Starship noch vor SLS und Ariane 6 zu seinem ersten Orbitalflug starten soll. Also mehr schmach geht glaube ich nicht mehr.

Aber ich schweife ab. Das SLS wird nicht wiederverwendbar sein. Das heißt: Die Rakete wird nach jedem Start weggeschmissen. spannend oder? dass das heute völlig abwegig klingt. Schließlich war das Jahrzehnte lang der günstigste Weg in den Orbit. Jedes Mal, wenn ich hier auf dem Kanal eine neue Rakete vorstelle, ist immer eine der ersten Fragen: Ist sie wiederverwendbar? So sehr hat sich der Gedanke in der Breite durchgesetzt, dass der Weg von SpaceX die Zukunft ist und alle anderen unter einem Stein leben und besser in Rente gehen sollten. So dramatisch würde ich es nicht ausdrücken, dafür kenn ich wie ihr die Zahlen ja auch nur aus dem Internet, aber vielleicht sind die Zahlen ja besser als die gut gehüteten Erfahrungswerte der etablierten Industrie?

Wie auch immer: Für mich als Raketentriebwerk-Fan ist die Vorstellung, dass das erste wiederverwendbare Raketentriebwerk in der Geschichte jetzt als Einmal-Wegwerf-Artikel geflogen wird, jedenfalls schwer zu ertragen. Und dabei gibt es ein “günstiges Wegwerf” Hydrolox-Triebwerk aus dem Hause Aerojet Rocketdyne. Das RS68, das die Delta IV Heavy antreibt. Funfact; das RS68 ist das stärkstes Hydrolox Triebwerk, das je geflogen ist, sogar noch mal mit deutlich mehr Wumms als das RS25. Problem beim RS68 war aber wohl, dass es mit einer Ablativen Düse neben den Feststoffbooster zu heiß geworden wäre weswegen man es für das SLS bzw. seinen Vorgänger letzlich verworfen hat. Mal abgesehen davon, dass es ineffizient und schwer ist...

Wie auch immer: Stattdessen nutzt man also jetzt das gute alte Shuttle Triebwerk. Und das ist kein Witz. Tatsächlich wurden die Haupt-Triebwerke der Shuttle wie nach jeder Landung entfernt. Dann aber nicht auf einen neuen Start vorbereitet, sondern eingelagert und jetzt wieder rausgeholt um das SLS anzutreiben. Das heißt auch, wenn ihr jetzt in Museen ein Shuttle seht, *meeehp* - die Triebwerke sind Attrappen.

Wie auch immer: Und von den letzten Block II Triebwerken wird es auch keines ins Museum schaffen. Die werden nämlich alle in den ersten 4 SLS Flügen verheizt. Nachvollziehbar bei Stückkosten von ~100 Millionen $ die Aerojet Rocketdyne jetzt für die neuen Triebwerke aufruft, aber schon extrem traurig nach all den Einsätzen am Space Shuttle, so undankbar weggeworfen zu werden.

Wie auch immer:

Ey, Mo: Genug gelabert! Nur weil du ein Kind der 80er bist, musst du ja nicht gleich sentimental werden.

Ok, Ok! Ihr seid ja wegen der Technik hier, nicht wegen den Geschichten: also erstmal zum Treibstoff: Das Space Shuttle hat was verbrannt? Genau: Wasserstoff und Sauerstoff. Jetzt nicht direkt die Trading-App rausholen, weil einmal das Buzzword Wasserstoff gesagt wurde. Wasserstoff ist ein Energieträger, aber so lange der nicht erneuerbar hergestellt wird, ist er meiner Meinung nach so nützlich für die Energiewende wie eine Pipeline für Erdgas. Aber ich schweife ab.

Wasserstoff also. Flüssig ist Wasserstoff eine der kältesten Flüssigkeiten, die wir kennen. Nur Helium ist bei noch niedrigeren Temperaturen flüssig. Aggregatzustände sind immer von Druck und Temperatur abhängig. Typischerweise sprechen wir von Bedingungen, die wir kennen, und da nimmt man dann für den Druck oft den Wert auf Meereshöhe. Wasserstoff ist auf Meereshöhe, also bei unserem Umgebungsdruck, erst bei -252°C flüssig, das ist nur 21° entfernt vom absoluten Nullpunkt. Kälter geht nicht. Dagegen sind die -183°C, bei denen Sauerstoff flüssig wird, ja fast schon karibisch. Übrigens einer der Gründe, warum Wasserstoff als Treibstoff auf dem Papier ziemlich Porno aussieht, aber dann beim Raketenkonstruieren extrem eklig ist: Die Temperaturunterschied der beiden Stoffe also Sauerstoff zu Wasserstoff ist mit etwa 70° so groß, dass man Sauerstoff und Wasserstoff aufwendig voneinander thermisch isolieren muss - ganz zu schweigen von dem Wasserstoff-Tank den ich ja vor der noch wärmere Umgebung schützen muss. Sonst muss ich viel zu viel Gas abdampfen lassen. Auf den Punkt gebracht verlier ich viel von dem Gewicht, das man durch “leichten” und effizienten Wasserstoff sparen kann, durch das mehr an Dämmung was ich bei Wasserstoff brauche. Ganz zu schweigen von den konstruktiven Schwierigkeiten, die Werkstoffe bei diesen Temperaturen mit sich bringen. Aber das ist ein anderes Thema.

Nicht leugnen kann man den hohen spezifischen Impuls der Kombination von Wasserstoff mit Sauerstoff. Ist ein bisschen so wie mit Pizza: Selbst schlechte Pizza ist noch ziemlich gut. Ähnlich bei Wasserstoff: selbst ein „ineffizienter“ offener Antriebszyklus mit Wasserstoff macht jeden Effizienz-Schwaben glücklich.

Nicht leugnen kann man den hohen spezifischen Impuls der Kombination von Wasserstoff mit Sauerstoff. Ist ein bisschen so wie mit Pizza:

Bevor wir das RS25 mit dem Raptor von SpaceX vergleichen: Hier ganz widerlicher Selbst-Lobbyismus. Arbeitsplätze! Zukunftsfähigkeit! Technologiestandort Deutschland! Und Curry Wurst für alle! Hat dir mein Video bis hierher gefallen? Dann nicht vergessen zu liken und wenn du mehr Raumfahrttechnik Videos sehen magst, abonnier unbedingt meinen Kanal, denn hier gibt es ja jeden Montag eine neue Technikfolge von SENKRECHTSTARTER und sonntags immer meine Raumfahrt-NEWS der Woche

Bevor wir das RS25 mit dem Raptor von SpaceX vergleichen:

Aber zurück zum RS25: Aeneas war so nett mir mal die Werte von 4 Triebwerken zusammenzustellen: Bis auf das SpaceX Vakuum-Raptor, das ja bekanntlich mit Methan (Metha-Lox) läuft, sind RS25, europäisches Vulcain und das RL10 alles Hydrolox-Triebwerke. Hydrolox - Nerdwort für Hydrogen und LOx liquid oxigen.

Wir waren beim Thema Effizienz. Selbst das im offenen Gasgenerator Nebenstromzyklus betrieben Vulcain an der Ariane 5 und im Upgrade an der Ariane 6 erzeugt aus Wasserstoff noch 429 s spezifischen Impuls. Zum Vergleich: Das Raptor von SpaceX kommt im Vakuum gerade einmal 377 s ISP. Und das, obwohl es den mit Abstand höchsten Brennkammerdruck ertragen muss.

Wir waren beim Thema Effizienz. Selbst das im offenen Gasgenerator Nebenstromzyklus betrieben Vulcain an der Ariane 5 und im Upgrade an der Ariane 6 erzeugt aus Wasserstoff noch 429 s spezifischen Impuls. Zum Vergleich: Also, dass das RS25 eines der effizientesten Triebwerke aller Zeiten ist, liegt maßgeblich am eingesetzten Treibstoff. Was ist das effizienteste Triebwerk aller Zeiten? Richtig RL10B. Deshalb ist es hier in der Tabelle auch aufgeführt. Spannend, das europäische Vinci für die Oberstufe der Ariane 6, sollte das RL10B beim Thema Effizienz tatsächlich mal schlagen. Aktuell sieht es aber so aus, dass man auf die große Glocke verzichten will. Mit den aktuell angepeilten 457 s ist es aber immer noch besser als das RS25. Und was nutzt das Vinci? Genau! Wasserstoff und Sauerstoff.

Funfact: Der hohe spezifische Impuls von Hydrolox-Triebwerken hängt auch damit zusammen, dass Wasserstoff so leicht ist und sich im Triebwerk gut beschleunigen lässt. So sind Triebwerke tatsächlich effektiver, wenn man mehr unverbrannten Wasserstoff in der Brennkammer hat als stöchiometrisch zur Verbrennung notwendig wäre. Aber das ist ein Thema für ein eigenes Video.

Größter Nachteil an Wasserstoff ist beim Bauen einer Rakete dann aber gerade die geringe Dichte des Wasserstoffs. Die führt nämlich dazu, dass man für den Wasserstoff extrem große Tanks braucht. Normalerweise sind die Sauerstoff-Tanks immer die größten Tanks an Raketen. Nicht so bei Raketen, die Wasserstoff nutzen. Kann man auch schön an der Ariane 5 sehen. Große Tanks sind konstruktiv aber schwerer als kleine Tanks. Das Zusatzgewicht muss man dann extra beschleunigen, was dann, den an sich effizienteren Antrieb, wieder zunichte macht. Raketenentwicklung ist einfach extrem komplex und die eierlegende Wollmilchsau gibts bei technischen Problemen einfach nicht. Auch wenn jetzt die Fanboys wieder nach dem Starship schreien. Auch da müssen Kompromisse gemacht werden. Aber, das ist ja das Geile an Raketen: extrem komplexe Probleme. Wie haben wir im TU-Studium immer gesagt. Wenns einfach wär, wärs BWL. Nicht ganz ernst gemeint.

Größter Nachteil an Wasserstoff ist beim Bauen einer Rakete dann aber gerade die geringe Dichte des Wasserstoffs. Die führt nämlich dazu, dass man für den Wasserstoff extrem große Tanks braucht. Normalerweise sind die Sauerstoff-Tanks immer die größten Tanks an Raketen. Nicht so bei Raketen, die Wasserstoff nutzen. Kann man auch schön an der Ariane 5 sehen. Große Tanks sind konstruktiv aber schwerer als kleine Tanks. Das Zusatzgewicht muss man dann extra beschleunigen, was dann, den an sich effizienteren Antrieb, wieder zunichte macht. Raketenentwicklung ist einfach extrem komplex und die eierlegende Wollmilchsau gibts bei technischen Problemen einfach nicht. Auch wenn jetzt die Fanboys wieder nach dem Starship schreien. Auch da müssen Kompromisse gemacht werden. Aber, das ist ja das Geile an Raketen: Zurück zum RS25. Was war jetzt so revolutionär am RS25 und warum ist es bei aller Effizienz auch noch so schubstark?

Gestufte Verbrennung! Jau, die Kenner werden das schon wissen: Gestuft verbrennen ist eigentlich immer ein Qualitätsmerkmal. Also, wenn du in gediegener Runde mal in die Verlegenheit kommst, ein Raketentriebwerk zu bestellen: „Gaston bringen sie mir was mit gestufter Verbrennung bitte - Geld spielt keine Rolex“ und anerkennendes Nicken ist dir sicher. Jaja, die SpaceX Hipster bestellen dann noch mit einer Prise “Full-flow”, aber dieser moderne Schnickschnack hat doch einfach keine Tradition.

Verbrennungszyklen: Das ist auch ein Grund, warum ich gerade diese 4 Triebwerke für die Tabelle ausgewählt habe. Denn jedes nutzt einen anderen Verbrennungszyklus. Das RS25 verbrennt gestuft mit treibstoffreicher Vorverbrennung. Das Vulcain hat einen offenen Gasgenerator Nebenstrom. Das Raptor von Spacex nutzt einen stufenweisen Verbrennungszyklus mit vollem Durchfluss. Und das RL10 wird im Expansionszyklus betrieben. By the way: Zu allen Triebwerken in der Tabelle gibt es hervorragende Videos in der SENKRECHTSTARTER Triebwerkstechnik Playlist.

Kurzabriss zu den Zyklen -> Die meisten Triebwerke schmeißen wie das Vulcain einen Teil des Treibstoffs seitlich aus dem Triebwerk heraus, um Leistung für die Turbopumpen zu generieren. Wenn ich diesen Massenstrom stattdessen mit durch die Hauptbrennkammer jage, kann ich, obwohl ich die chemische Energie dann schon teilweise in der Vorverbrennung umgesetzt habe, etwa 2-3% mehr Leistung aus meinem Treibstoff rausholen. Was sind schon 2% ? Naja. Rechne mal so: 2% weniger Treibstoff im Space Shuttle Haupttank sind mal eben 15 t. das ist mehr als die Hälfte der Nutzlast des Space Shuttles…

Kurzabriss zu den Zyklen -> Die meisten Triebwerke schmeißen wie das Vulcain einen Teil des Treibstoffs seitlich aus dem Triebwerk heraus, um Leistung für die Turbopumpen zu generieren. Wenn ich diesen Massenstrom stattdessen mit durch die Hauptbrennkammer jage, kann ich, obwohl ich die chemische Energie dann schon teilweise in der Vorverbrennung umgesetzt habe, etwa 2-3% mehr Leistung aus meinem Treibstoff rausholen. Was sind schon 2% ? Naja. Rechne mal so: Hinzu kommt, dass man durch die gestufte Verbrennung extrem hohe Drücke in die Haupt-Brennkammer bringen und damit den Isp in der Atmosphäre verbessern und die Schubdichte erhöhen kann…

Kurzabriss zu den Zyklen -> Die meisten Triebwerke schmeißen wie das Vulcain einen Teil des Treibstoffs seitlich aus dem Triebwerk heraus, um Leistung für die Turbopumpen zu generieren. Wenn ich diesen Massenstrom stattdessen mit durch die Hauptbrennkammer jage, kann ich, obwohl ich die chemische Energie dann schon teilweise in der Vorverbrennung umgesetzt habe, etwa 2-3% mehr Leistung aus meinem Treibstoff rausholen. Was sind schon 2% ? Naja. Rechne mal so: Sehen wir auch an den Brennkammerdrücken. Die 200 bar des RS25 sind für Raketentriebwerke ein sehr hoher Wert. Nur ein paar russische Triebwerke hatten hier größere Werte. Das zeigt aber auch ein weiteres Mal, wie sehr SpaceX die Grenzen des bisher für machbar Gehaltenen ausreizt. Bei den Raptoren reden wir von Brennkammerdrücken jenseits der 300 bar.

Kurzabriss zu den Zyklen -> Die meisten Triebwerke schmeißen wie das Vulcain einen Teil des Treibstoffs seitlich aus dem Triebwerk heraus, um Leistung für die Turbopumpen zu generieren. Wenn ich diesen Massenstrom stattdessen mit durch die Hauptbrennkammer jage, kann ich, obwohl ich die chemische Energie dann schon teilweise in der Vorverbrennung umgesetzt habe, etwa 2-3% mehr Leistung aus meinem Treibstoff rausholen. Was sind schon 2% ? Naja. Rechne mal so: Nichtsdestotrotz ist das RS25 einfach ein verdammt gutes Triebwerk und kann einfach sehr viele Dinge richtig gut. Was man sich offensichtlich auch beim Constellation Program, dem Vorgänger des Artemis Programms dachte. Und bei allem Internet-Hass, das dem SLS aus der Space Twitter Community entgegen schlägt, auf dem Papier kann man die Entscheidung für RS25 Triebwerks absolut nachvollziehen.

Kurzabriss zu den Zyklen -> Die meisten Triebwerke schmeißen wie das Vulcain einen Teil des Treibstoffs seitlich aus dem Triebwerk heraus, um Leistung für die Turbopumpen zu generieren. Wenn ich diesen Massenstrom stattdessen mit durch die Hauptbrennkammer jage, kann ich, obwohl ich die chemische Energie dann schon teilweise in der Vorverbrennung umgesetzt habe, etwa 2-3% mehr Leistung aus meinem Treibstoff rausholen. Was sind schon 2% ? Naja. Rechne mal so: Die Auswahl der RS-25 basierte weitgehend auf der Reife und der umfangreichen Erfahrung, mit den 135 Space Shuttle Einsätzen und den 3.000 Bodentests. Mit über 1 Million Sekunden Gesamtbrennzeit, ist es, wie gesagt, einfach eine sichere Bank. Darüber hinaus gab es noch 16 Flugtriebwerke, die nach dem Ende des Shuttle Programms eingemottet wurden und eh schon der NASA gehörten. Mit diesen 16 Flugtriebwerken konnte man die ersten 4 SLS Flüge ausstatten.

Aber wie das so ist, im Detail war es dann eben doch nicht so einfach: Obwohl das RS-25 ein sehr ausgereiftes System ist, kann man sie nicht einfach vom Space Shuttle abschrauben und ans SLS klatschen. Also nicht wirklich "Plug-and-Play".

Apropos Plug & Play: Die Triebwerkssteuerung das sogenannte ECS (Engine Control System) musste komplett überarbeitet werden. Jedes Triebwerk hat eine eigene in sich redundante Steuerung in unmittelbarer Nähe zur Brennkammer. Das allein ist ein kleines technisches Wunder, wenn wir von Temperaturen und Vibrationen sprechen. Fun Fact: In der original Triebwerkssteuerung werkelte ein Motorola 68000er, den einige vielleicht aus Amiga Zeiten und den frühen Apple Macintoshs kennen. Mein erste Berührungspunkt mit einem Prozessor aus der 68000er Serie muss der Sega Mega Drive gewesen sein. Aber ich schweife ab. Genau dieser neue Engine-Controller ist jetzt wohl das Problem am SLS für Artemis 1. und so wird der Fehlerhafte Controller an Triebwerk 4 nun getauscht.

Apropos Plug & Play: Bei allen Anpassungen am RS25 für das SLS musste extrem darauf geachtet werden, nicht die bekannten Parameter aus der Shuttle Zeit zu verlassen. Sonst wären ja doch extra Tests nötig geworden. Die wollte man mit der Wahl des RS25 als flugerprobtes Triebwerk aber ja gerade vermeiden.

Apropos Plug & Play: Ein ganz naheliegendes Problem, das auftrat, als man das RS25 für das viel größere SLS verwenden wollte, war, dass man mit jetzt 4 Triebwerken deutlich mehr Treibstoff verbraucht. Da die erste Stufe grob an den Shuttle Haupttank angelehnt war, hieß das bei gleichem Durchmesser mehr Länge. Das führte dann zu mehr Druck durch die Hydrostatische Säule. Dieser Druck ist bei der Beschleunigung der Rakete ja noch um ein vielfaches größer.

Apropos Plug & Play: Weiter gab es eine ganze Reihe an Temperatur-Problemen zu lösen. Kenner werden wissen, dass die Shuttle Triebwerke deutlich weiter oben montiert waren als der Austritt der Shuttle Feststoffbooster.

Apropos Plug & Play: Am SLS sind diese in einer Ebene und so sind die RS25 am SLS auch viel höheren Temperaturen ausgesetzt, als sie es zu Shuttle Zeiten waren. Auch die kleinen Feststofftriebwerke, die die Seitenbooster nach dem Absprengen wegdrücken, mussten bei der Anordnung am SLS berücksichtigt werden.

Apropos Plug & Play: Auch die Hydraulik zur Triebwerkssteuerung musste für das SLS überarbeitet werden. Wurde die Triebwerks Hydraulik beim Space Shuttle durch ein Hydrazin Subsystem angetrieben, sollte angelehnt an eine aktuell NASA-Anforderung, die auf giftige Treibstoffe so weit wie möglich verzichten will, ein System entwickelt werden, das auf dem Wasserstofftank-Bedrücken basiert. Der Wasserstoff, der dabei am unteren Ende aus dem SLS austritt, kann sich aber entzünden und so wurde ein Ablativerfeuerschutz für die RS25 Triebwerke notwendig.

Apropos Plug & Play: Aber nicht nur Hitze war ein Problem, sondern auch Kälte. Sowohl die Aufhängung der Triebwerke an der Raketen-Basis hatte in der Entwicklung Probleme mit zu kalten Temperaturen. Auch ein zusätzliches Triebwerk, das vor dem Start mit kaltem Treibstoff gespült wird, wir sprechen auch vom Engine Chill, stellte die Ingenieure vor große Herausforderungen.

Apropos Plug & Play: Ich bin jetzt mal so frech und zitiere Elon Musk, der öfter sagt ein Hauptproblem von Ingenieuren ist das optimieren von Problemen, die es nicht geben sollte. Ist natürlich sehr leicht gesagt. Viele Probleme sind am Start einer Raketenentwicklung einfach Unbekannte und einen Tod muss man irgendwann sterben.

Apropos Plug & Play: Das RS25 ist ein beeindruckendes Triebwerk und ich freu mich, dass es nach dem Ende des Shuttle Programms weiter Verwendung findet. Andererseits muss man auch sagen, dass, lässt man SpaceX mal aussen vor, es der amerikanischen Raumfahrt an guten günstigen Triebwerken fehlt. Und Aerojet Rocketdyne bekommt für 18 neue RS25 Triebwerke von der NASA fast 1,8 mrd $. Also 100 mio $ pro Stück. Mit diesem Preis ist es meiner Meinung nach ganz ausgeschlossen, dass das RS25 außerhalb des SLS irgend einer kommerziellen Nutzung zugeführt werden kann.

FunFact: in einem Paper aus dem Jahre 2015 war zu lesen, dass es etwa 5 Jahre dauert ein RS25 zu bauen. Zur Erinnerung: SpaceX will in McGregor in Massenproduktion jeden Tag ein Raptor Triebwerk bauen. Aber vielleicht sollte man nicht zu oft die SpaceX-Keule rausholen. Ich bin mir sicher, dass bei Aerojet Rocketdyne wie überall in der Raumfahrt gute Ingenieure arbeiten. Die haben aber offensichtlich nicht so einen ehrgeizigen Chef wie Spacex.

FunFact: Vielleicht wäre es auch im Interesse von Aerojet Rocketdyne gewesen, mal ein neues wettbewerbsfähiges Triebwerk zu entwickeln. Ich wüsste da eine Firma, die gerade verzweifelt auf Triebwerke aus amerikanischer Produktion wartet. Aber ich schweife ab.

FunFact:

FunFact: Das bin ich heute leider öfter - abgeschwiffen. Bevor es in die Verabschiedung geht, möchte ich mich bei Aeneas und SpaceRacer bedanken, die beim Skript geholfen haben. Danksagung

FunFact: Großes Dankeschön geht an euch, die Community fürs Liken, Kommentieren und Teilen meiner Videos. Besonderer Dank geht an alle meine Schutzengel, die mich durch eine Patreon- oder eine YouTube-Kanal-Mitgliedschaft monetär unterstützen. Vielen Dank dafür – ihr macht diesen kleinen, aber feinen deutschen Nischen-Kanal möglich und helft mit den deutschen Sprachraum für die Raumfahrt zu begeistern.

FunFact:

FunFact: Wenn Du die neuesten Entwicklungen in der Raumfahrt nicht verpassen möchtest, abonnier gerne meinen Channel, denn hier gibt es ja jeden Montag eine neue Folge von SENKRECHTSTARTER und samstags meine Raumfahrt-NEWS. Ich hoffe, die Folge hat dir gefallen, wenn ja, lass mir gern einen Like da. Bis zum nächsten Mal. Immer schön senkrecht bleiben. Dein Mo

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Über diesen Podcast

Du wolltest schon immer Astronaut werden? Raumfahrt ist Dein Lieblingsthema? Ja, wir leben in einer mega spannenden Zeit und Elon Musk hat mit SpaceX die gesamte Industrie auf den Kopf gestellt. Oder sollten wir besser sagen: endlich senkrecht gestellt? (:
Auch ich wollte als kleiner Junge Astronaut werden. Seit Jahren verbringe ich unzählige Stunden auf YouTube und sauge alles auf zum Thema Raumfahrt.
Hier gibt es jeden Montag zur Primetime um 20:15 Uhr eine neue Folge Senkrechtstarter. Mit den Themen Raketentechnik, SpaceX, die NASA, Weltraum und alles, was SENKRECHT gen Himmel fliegt

Viel Spaß mit der Zukunft.
Immer schön senkrecht bleiben!
Dein Moritz

von und mit Moritz Vieth

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